Ein traditionsreiches Weinland entdeckt seine Stärken wieder
Ungarn ist nicht nur ein beliebtes Urlaubsland mit einer schmackhaften Küche, die als Synonym für würzig deftige Speisen gilt.
Ungarn ist auch ein Weinland mit langer Tradition sowie Heimat zahlreicher herausragender Tropfen. Ungarischer Wein ist so berühmt, dass schon Mephistopheles in Goethes Faust auf die Forderung nach einem "Glas vom echten süßen" "Tokayer fließen" lässt.
Ungarischer Wein von der Antike bis heute
Dabei reicht die Geschichte, auf die ungarischer Wein zurückblicken kann, weit länger zurück als bis in die Zeit der Weimarer Klassik.
Bei nahezu idealen klimatischen Bedingungen - kalte Winter sowie sonnenreiche Sommer - haben hier schon keltische Stämme im 7. Jahrhundert vor Christus Wein angebaut und hergestellt. Eine Kultur, die später von den Römern bis hin zu den schwäbischen Einwanderern und natürlich ebenfalls von den Ungarn selber fortgeführt wurde. Zugute kam ihnen, dass auch die Böden beste Bedingungen für den Weinbau bieten. Sehr verbreitet sind tiefe Vulkangesteins-Schichten unter kalkhaltigen Böden mit hohem Löss-Anteil beziehungsweise verwittertem Basalt und bedeckt von lockerer, dunkler Walderde. Regional kann sich die Bodenbeschaffenheit durch Anteile an Sand oder Mineralstoffen sehr unterscheiden.
Das Zusammenspiel aller Faktoren des Terroirs bewirkt, dass ungarischer Wein häufig mit der Kraft mediterraner Weine mithalten kann. Gleichzeitig versteht er sich auf feine, rassige Säurestrukturen und duftige Blumen, wie sie eher von Weinen aus nördlicheren Gebieten bekannt sind. Eigenschaften, die sich seit jeher an den europäischen Adels- und Fürstenhöfen hoher Beliebtheit erfreuten. Weder die Fremdherrschaft durch das Osmanische Reich noch astronomisch hohe Einfuhrzölle durch die Habsburger konnten daran etwas ändern. Gravierender wirkte sich da schon die Reblaus-Katastrophe in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus.
Nachhaltig zugesetzt hat dem ungarischen Weinbau indes der nach dem 2. Weltkrieg schrittweise installierte Sozialismus. Die private Erzeugung von Wein wurde verboten und es fand eine erbarmungslose Agrar-Kollektivierung statt. Es wurde nur noch auf Masse produziert. Die Qualität blieb auf der Strecke. Nach dem Ende der sozialistischen Misswirtschaft schließlich, konnte sich der ungarische Weinsektor langsam von seinem Niedergang erholen und erneut an die Erfolge der Vergangenheit anknüpfen. Ungarischer Wein war wieder da!
Getragen wurde und wird dieser Wiederaufstieg durch ebenso engagierte wie gut ausgebildete Weinbauern und Winzer, die seit den 1990er Jahren alles geben, um den Ruf des ungarischen Weins wiederherzustellen. So gibt es heute erneut ausgezeichnete ungarische Weine, die mit Spitzenqualitäten aus Italien oder Frankreich problemlos mithalten können, noch aber deutlich günstiger zu haben sind. Bemerkenswert ist dabei, dass in Ungarn heute neben den autochthonen Rebsorten vermehrt auch internationale angebaut werden. Außerdem setzen ungarische Winzer häufig auf einen oxidativen Ausbau.

Ungarischer Wein in Zahlen
Die Anbaufläche, auf der in 6 Weinregionen, bestehend aus 22 Weinbaugebieten, ungarischer Wein gedeiht, beträgt etwa 70.000 ha. Dies kann jedoch schwanken, da die tatsächlich zum Anbau von Qualitätswein ausgewiesene Fläche erheblich größer ist. Durchschnittlich entstehen knapp 3.000.000 hl ungarischer Wein pro Jahr. Gut 70 % davon entfallen auf Weißwein und bis zu 30 % auf Rotwein.
Rotweingebiet Sopron nur einen Sprung vom Burgenland
Ganz im Nordwesten befindet sich die Region Felsö-Pannon oder Ober-Pannonien. Sie beginnt gleich hinter der Grenze nach Österreich an den Ausläufern des Neusiedler Sees mit dem Weinbaugebiet Sopron. Die auch als Ödenburg bekannte Region zählt mit rund 1.500 ha genutzter Rebfläche zu den kleineren Weinbaugebieten in Ungarn. Entgegen dem Landestrend sind hier in unmittelbarer Nähe zum Burgenland rote Rebsorten allen voran Blaufränkisch oder Kekfrankos vorherrschend. Deutlich dahinter liegen die Rebsorten Zweigelt und Cabernet Sauvignon. Bei den Weißweinen dagegen liegt der Grüne Veltliner vorne gefolgt vom Chardonnay. Aufgrund der alpin beeinflussten Klimabedingungen wachsen auf den Kalk-/Sandsteinböden mit Kiesel-, Ton- und Schiefer-Anteilen Reben, die fruchtig-frische sowie säurebetonte Weine hervorbringen.


Abtei-Wein aus Pannonhalma
Etwas weiter östlich macht das nur zirka 600 ha kleine Weinbaugebiet Pannonhalma wieder zunehmend von sich Reden. Es ist seit über 1000 Jahren mit der gleichnamigen Benediktinerabtei verbunden. Sie hat nach den Zerstörungen durch Osmanen und Habsburger sowie der Verstaatlichung im Sozialismus heute wieder das Heft in der Hand. Im Ergebnis zeichnet sich ungarischer Wein aus Pannonhalma endlich wieder durch eine interessant akzentuierte Eleganz aus. Im Anbau befinden sich hauptsächlich die weißen Rebsorten Welschriesling und Müller-Thurgau, die hier Olaszrizling beziehungsweise Rizlingszilvani heißen. Dazu kommen Chardonnay und Traminer.
Charakterstarke Sommerweine aus dem kühlen Aszar-Neszmely
Das gut 1.000 ha große Weinbaugebiet Aszar-Neszmely steht für leichte Weißweine mit einer fruchtigen Säure. Sie bieten ein frisches, betont feuchtes Mundgefühl und geben damit den Charakter der Region mit eher niedrigen Temperaturen jedoch hohen Niederschlagsmengen wieder. Neben den eingeführten Trauben Chardonnay und Müller-Thurgau verdient unter anderem die regionale Rebsorte Tausendgut oder Ezerjo besondere Aufmerksamkeit.


Edelreife Weißweine aus Mor: Tausendgut!
Südlich von Aszar-Neszmely schließen sich die 500 bis 600 ha des Weinbaugebietes Mor an. Hier steht die autochthone Rebsorte Ezerjo an erster Stelle. Stimmen die Wetterbedingungen im Sommer und die Feuchtigkeit im Herbst, hat der Botrytis-Pilz leichtes Spiel. Er lässt am Tausendgut eine Edelfäule entstehen, die die Erzeugung eines ausgezeichneten Süßweins ermöglicht.
Etyek-Buda - frische Weißweine aus der Nähe von Budapest
Bereits im Einzugsbereich von Budapest erstreckt sich das Weinbaugebiet Etyek-Buda über gut 1.500 ha. Bekannt ist die Region für seine weißen Sommerweine. Ihre fruchtige Frische verdanken sie unter anderem dem reduktiven Ausbau.


Felsö-Magyarorszag oder Ober-Ungarn: im Westen und Osten Weißwein, im Zentrum ein berühmter Roter
Die Weinbauregion Felsö-Magyarorszag besteht aus den beiden größeren Weinbaugebieten Matra (ca. 6.300 bis 7.300 ha) und Eger (ca. 5.400 ha) sowie aus dem kleineren Bükk (ca. 1.000 ha). Während in Matra und Bükk weiße Rebsorten dominieren, sind es im dazwischenliegenden Eger rote. In allen Weißwein-Gebieten in Ober-Ungarn sind Welschriesling und Mädchentraube/Leanyka verbreitet. Regional kommen Chardonnay, Müller-Thurgau, Grüner Veltliner, Pinot gris und Muscat Ottonel dazu.
Weißer ungarischer Wein aus Felsö-Magyarorszag
In Matra oder Matraalja reifen die Weißweintrauben in den südlichen Lagen des Matragebirges. Weine aus ihnen können einen recht hohen Alkoholgehalt entwickeln. Mit duftigen Aromen und einem frisch-ausgeglichenen Säure-Gerüst bieten sie ein hervorragendes Mundgefühl. Am entgegengesetzten Ende der Weinregion, in Bükk, zeigen die trockenen Weißweine eine schöne Mineralität mit ausgeprägter Säure: eine ideale Wahl für den sommerlichen Empfang.

Roter ungarischer Wein aus Felsö-Magyarorszag
Roter ungarischer Wein aus Felsö-Magyarorszag kommt hauptsächlich aus dem Weinbaugebiet Eger. Der bekannteste Rotwein von hier heißt: Egri bikavér oder zu Deutsch Erlauer Stierblut. In ihm kommen drei bis zehn Rebsorten zusammen. War früher die Kadarka-Traube meist Grundlage des Erlauer Stierbluts, ist es heute die Blaufränkische. Mit dabei sind meist ebenfalls Merlot sowie Cabernet Franc. Neben dem Erlauer Stierblut lohnt es sich verschiedene sortenreine Rotweine aus Eger zu probieren. Das gilt auch für die Blaufränkischen und Cabernet Sauvignons aus Matra, welche sehr tanninreich und wuchtig sein können.
Tokaj-Hegyalja - seit Jahrhunderten nicht nur als Süßwein geschätzt
Roter ungarischer Wein aus Felsö-Magyarorszag kommt hauptsächlich aus dem Weinbaugebiet Eger. Der bekannteste Rotwein von hier heißt: Egri bikavér oder zu Deutsch Erlauer Stierblut. In ihm kommen drei bis zehn Rebsorten zusammen. War früher die Kadarka-Traube meist Grundlage des Erlauer Stierbluts, ist es heute die Blaufränkische. Mit dabei sind meist ebenfalls Merlot sowie Cabernet Franc. Neben dem Erlauer Stierblut lohnt es sich verschiedene sortenreine Rotweine aus Eger zu probieren. Das gilt auch für die Blaufränkischen und Cabernet Sauvignons aus Matra, welche sehr tanninreich und wuchtig sein können.

Feiner ungarischer Wein aus Nagy-Somlo
Etwa auf halbem Weg von Sopron zum Balaton oder Plattensee befindet sich Nagy-Somlo. Übersetzt bedeutet das zwar Groß-Somlo, dennoch handelt es sich um das kleinste ungarische Weinbaugebiet. Nur knapp 500 ha sind hier mit Rebstöcken, die nahezu ausschließlich Weißweintrauben tragen, bepflanzt. Zum kontinentalen Klima, das durch viele geschützte Lagen abgemildert wird, kommen Löss-/Tonböden oft mit verwittertem Basalt. Dies begünstigt die Entstehung einer klaren, fruchtigen Säure. Hauptrebsorten der Region sind Welschriesling, Chardonnay sowie die autochthonen Sorten Furmint und Harslevelü beziehungsweise Lindenblättriger. Dazu kommt eine ebenfalls autochthone Rebsorte, die ehemals für die Weine am Habsburger Hof verwendet wurde: Juhfark oder Lämmerschwanz. Bei ihr führt der in Nagy-Somlo übliche Ausbau im Eichenfass zu einer besonders komplexen Eleganz. Heute wird Juhfark praktisch nur noch in Nagy-Somlo angebaut.
Süffiger Weißwein aus Zala
Das Weinbaugebiet Zala oder Balatonmelleke grenzt direkt an die Balaton-Weinbaugebiete und beinhaltet Enklaven, die bis an die slowenische und kroatische Grenze reichen. Von den über 6.000 ha Anbaufläche ist nur ein sehr kleiner Teil bebaut. Kennzeichnend sind Ton-Sandböden unter einer Humusschicht sowie häufige Regenfälle bei ausgeglichenen Temperaturen. Am weitesten verbreitet ist der Welschriesling beziehungsweise Olaszrizling. Aus ihm aber auch aus den regionalen Hybriden beziehungsweise Neuzüchtungen wie Zala Gyöngye oder Cserszegi Füszeres wird ein ebenso gefälliger wie fruchtig-öliger ungarischer Wein.

Ungarischer Wein direkt vom Balaton - kraftvoll, feurig wie die ungarische Lebensart
Unmittelbar am Plattensee sind vier Weinbaugebiete gelegen. Ausgehend vom Nordostufer des Balatons bahnt sich das Weinbaugebiet Balaton-felvidek seinen Weg bis ins Landesinnere. Knapp 1.500 ha sind im dreigeteilten Gebiet mit Rebstöcken bepflanzt. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts waren dies zu etwa 75 % rote Sorten. Nach der Vernichtung durch die Reblaus setzt man jedoch bis heute hauptsächlich auf hochwertige Weißweine. An erster Stelle steht der Welschriesling. Üblich sind ein hoher Alkoholgehalt und Ausbau im Holzfass. Ausgehend von der alten Pinot-noir-Kultur beispielsweise in Lesence gewinnen ferner rote Sorten wieder an Bedeutung.
Im angrenzenden, etwa gleich großen Weinbaugebiet Badacsony steht ebenfalls der Welschriesling gefolgt von weiteren weißen Rebsorten wie Traminer, Pinot Gris sowie dem autochthonen Blaustengler oder Keknyelü im Vordergrund. Auch ungarischer Wein aus Badacsony zeichnet sich durch seine aromen- und körperreiche Kraft aus.
Das dritte Weinbaugebiet auf der Nordseite des Plattensees ist Balatonfüred-Csopak. Mit einer genutzten Anbaufläche von rund 1.700 ha liegt es etwas vor den beiden anderen. Die Zusammensetzung der Rebsorten ist ähnlich, wobei Olaszrizling oder Welschriesling zirka die Hälfte der Flächen belegt. Bemerkenswert ist, dass ungarischer Wein von hier eine markante, extraktreiche Komplexität sowie ein ganz eigenes Feuer aufweisen kann.
Im Weinbaugebiet Balatonboglar auf der Südseite des Plattensees schließlich sind rund 3.000 ha bepflanzt. An weißen Rebsorten werden neben Welschriesling und Königsast beziehungsweise Kiralyleanyka unter anderem verschiedene Muskat-Reben angebaut, die sich für beschwingt leichte Muskateller-Weine eignen. Erwähnenswert sind zudem die roten Rebsorten wie Merlot, Blaufränkisch, Cabernet Sauvignon sowie Pinot Noir. Aus ihnen entsteht oft rubin-roter, ungarischer Wein mit zurückhaltenden Tanninen.

Pannonien - verträumte Weinkellereien neben Spitzenlagen von Weltruf
Im Südwesten von Ungarn befindet sich die Weinregion Pannonien. Sie liegt bis auf eine kleine Enklave westlich der Donau und setzt sich aus vier Weinbaugebieten zusammen. Südöstlich vom Plattensee bildet Tolna den nördlichen Teil von Pannon. Zu rund 75 % sind die gut 2.000 ha des Weinbaugebietes mit weißen Rebsorten bestückt. Welschriesling, Traminer und Chardonnay sind am häufigsten vertreten. Bei den roten Sorten sind es Kadarka sowie Zweigelt. Ungarischer Wein aus Tolna ist weniger häufig im internationalen Handel zu finden. Dafür laden zahlreiche Weinorte ein, die Weine bei einem Besuch zu verkosten.
Das darunter liegende Weinbaugebiet Pecs wird auch Mecsekalja genannt. Nur knapp 800 ha werden hier im Wesentlichen mit weißen Rebsorten bewirtschaftet. Bekannt ist das Gebiet für seine alkoholreichen Süßweine.
Zwischen Tolna und Pecs reicht das Weinbaugebiet Szekszard mit einem Ausläufer bis über die Donau hinaus. Es ist traditionell ein Rotwein-Gebiet mit Schwerpunkt auf Kadarka zu dem sich zunehmend Rebsorten wie Blaufränkisch, Pinot Noir, Merlot und andere gesellen. Hauptsächlich innerhalb Ungarns ist Szekszard für sein Stierblut bekannt. Nur hier dürfen sich außerhalb von Eger (Erlauer Stierblut) Rotweine so nennen.
Villany-Siklos schließlich, ganz im Süden Ungarns, gehört, obwohl es nur knapp 2.000 ha umfasst, gleich nach Tokai zu den berühmtesten Weinbaugebieten des Landes. Aus Siklos und Umgebung stammen bemerkenswerte Weißweine. In Villany aber befinden sich die besten Rotweinlagen in Ungarn. Ungarischer Wein von hier spielt in der Liga der Spitzenweine Europas mit. Die Bordeaux-Trauben Cabernet Sauvignon, Merlot und Cabernet Franc spielen neben Blaufränkisch, Zweigelt und anderen eine große Rolle. Auch sind mehrjährige Reifezeiten im Barrique üblich. Allerdings wird ungarischer Wein in Villany mehrheitlich sortenrein verarbeitet.
Weine vom Weingut Pannon Tokaj
Ungarischer Wein aus der Weinregion Duna/Donau - Gerne gesehen als Schorle
Mit insgesamt rund 25.000 ha genutzter Anbaufläche nimmt die Weinregion Duna oder Donau, östlich der Donau und westlich der Tisza, mehr als ein Drittel der bepflanzten Anbaufläche Ungarns ein. Allein im Weinbaugebiet Kunsag sind es deutlich über 20.000 ha. Die beiden anderen Gebiete der Region Duna, Hajos-Baja und Csongrad, tragen weitere gut 3.500 ha bei. In allen drei Weinbaugebieten stehen solide Alltags- und Tafelweine im Vordergrund. Zum überwiegenden Teil werden Weißweine erzeugt. In den Gaststätten werden sie bevorzugt als Schorle getrunken. Etwas heraus ragen die Rotweine aus Hajos-Baja mit ausgeglichenen Aromen und ausgezeichnetem Mundgefühl.