
Palinka - das Nationalgetränk Ungarns
Palinka gehört zur ungarischen Kultur wie Gulasch, Paprika, Salami und Tokayer. Zu erklären, dass Palinka das ungarische Wort für Obstbrand ist, wird der Sache jedoch nicht gerecht. Natürlich ist Palinka ein Obstbrand. Aber bei weitem nicht jeder Obstbrand darf sich auch Palinka nennen. Mit Palinka verbindet man in Ungarn nämlich seit jeher einen sehr hochwertigen, außergewöhnlich aromatischen Obstbrand. Traditionsreich sind Palinkas aus Zwetschgen, Aprikosen sowie Kirschen. Dazu kommen Varianten aus Birnen, Quitten und Äpfeln sowie neuerdings auch aus verschiedenem Beerenobst. Der Alkoholgehalt muss mindestens 37,5 Volumenprozent betragen und übersteigt selten 55 Volumenprozent. Doch beginnen wir beim Anfang.
Die lange Geschichte des Obstbrandes in Ungarn
Wir befinden uns im 13. Jahrhundert. Der Mongolensturm ist das bewegende Thema der Zeit. So auch in der ungarischen Stadt Buda, die ins Deutsche übersetzt den Namen "Ofen" trägt. Sie liegt am Westufer der Donau, gleich neben der Stadt Pest auf der anderen Seite des Flusses. Bevor beide zum heutigen Budapest zusammenfinden, sind aber noch gut 500 Jahre Zeit. Auch, dass Buda zur Hauptstadt des ungarischen Reiches wird, liegt noch über 100 Jahre in der Zukunft. Im Moment sind die Angriffe aus dem Osten in aller Köpfe.
Da beginnt König Bela der IV. etwa ab 1242 mit dem Bau der Ofener Burg. Aus ihr ist der bis heute zu bewundernde Budapester Burgpalast, mithin das größte Gebäude in Ungarn, geworden. Schon in der Zeit von König Bela aber hätte es durchaus sein können, dass man zum Burgbau mit einem Obstschnaps angestoßen hat. Seit kurzem nämlich wird dieses Elixier des Lebens nicht nur als Medizin, sondern auch als Genussmittel geschätzt. Zu verdanken haben wir es übrigens persisch-arabischen Alchemisten und Medizinern aus dem 10. und 11. Jahrhundert. Sie haben mithilfe vom "al-ambiq" oder Destillierkolben sowie einer Kühlspirale erstmals "al-koh'l" beziehungsweise Alkohol auf bis heute übliche Weise destilliert. Die ersten Funde von Vorläufern des Palinkas datieren nur wenig später auf eben unser 13. Jahrhundert und wurden in Buda gemacht.
Die Kunst des Brennens von Palinka entwickelte sich über Jahrhunderte
Der frühe Ursprung des Palinkas gab den Ungarn viele Jahrhunderte Zeit, seine Herstellung zu verfeinern. Auf diese Weise wurde der Obstbrand in Ungarn zum allgegenwärtigen Kulturgut. Wichtig ist, dass für Palinka keine Rest-Früchte verwendet werden, die von der Lebensmittelindustrie nicht mehr benötigt werden. Das Rohmaterial stammt vielmehr von den Feldern berühmter Anbaugebiete. Dort werden in einer aufwändigen Auslese die Früchte ausgewählt, welche sich für den ungarischen Obstbrand am besten eignen. Aus ihnen wird eine Maische hergestellt, die in luftdicht abgeschlossenen Gärbehältern vergoren wird. Das kann bis zu mehreren Wochen dauern.

Das Brennen von Palinka - ein gut gehütetes Geheimnis
Wie das Destillieren oder Brennen des Palinkas genau geschieht, bleibt das Geheimnis jedes Palinkabrenners. Bis heute wird er teilweise mit der traditionellen Kisüsti-leparlas-Methode hergestellt. Dabei handelt es sich um das älteste Destillationsverfahren überhaupt. Genutzt werden dafür Kupferkessel mit einem Fassungsvermögen von bis zu 1.000 Liter, deren Inhalt in mindestens 2 Brennvorgängen destiliert wird. Der so entstehende Palinka ist intensiver und individueller, kann aber auch etwas rauher sein. Möglich ist ferner eine moderne, kontinuierliche Destillation, bei der ständig Maische zum Brennen nachgegeben wird. Hier ist meist nur ein Durchgang erforderlich. Das Ergebnis hat einen weicheren Charakter.
Palinka gehört in Ungarn einfach mit dazu
In Ungarn wird Palinka nicht nur in gewerblichen Brennereien hergestellt. Es ist überdies üblich, für den Eigenbedarf selber zu brennen. Ab Herbst 2010 sollten dafür bis zu einer Menge von 86 Litern und einem Alkoholgehalt von 50 Volumenprozent pro Haushalt weder eine Genehmigung erforderlich sein noch Branntweinsteuer fällig werden. Da dies jedoch dem harmonisierten EU-Recht widerspricht, sucht die ungarische Regierung weiterhin nach Möglichkeiten einer Steuerbefreiung.
Ob mit oder ohne Steuerbefreiung: Der Selbstgebrannte ist in Ungarn nicht wegzudenken. Früher wurde er in ländlichen Gebieten wintertags schon am Morgen zum Aufwärmen getrunken. Er kam vor, während sowie nach dem Essen auf dem Tisch. Letzteres ist auch heute noch üblich, vielleicht nur nicht mehr an jedem Tag. Allerdings begleitet der Palinka alle Feste und Feiertage. Des Weiteren ist er ein Zeichen der Gastfreundschaft und wird Besuchern gerne gereicht beziehungsweise bei Treffen mitgebracht.
Seit der Aufwertung des Palinkas durch Verordnung und Gesetz erlebt der Obstbrand des Weiteren einen wahren Hype auch unter der urbanen Bevölkerung. Sie greift jedoch eher zu den Angeboten in den Geschäften. Der Palinka dort kommt ausschließlich aus handwerklich orientierten Brennereien. Eine industrielle Produktion gibt es nicht.
Matyas Palinkahaz - der Palinka-Spezialist
Zu den herausragenden Herstellern zählt die Traditions-Destillerie Matyas Palinkahaz im kleinen Kiskörös südlich von Budapest und östlich vom Balaton. Hier konzentriert man sich ganz auf die Herstellung von Palinka. Es gibt ihn sortenrein aus vielen verschiedenen Früchten. Der Alkoholgehalt beträgt 40 oder 50 Volumenprozent und es findet auch eine Produktion im Kisüsti-Kessel statt. Gerne empfängt man bei Matyas Palinkahaz überdies Gäste. Es sind verschiedene Pakete inklusive Brennereiführung mit anschließendem Essen sowie Verkostung hauseigener Brände im Angebot.
Zwack Sandor Nemes Palinka der Spitzenklasse
Nur rund 50 Kilometer nordöstlich von Kiskörös befindet sich Kecskemet. Die ansehnliche Stadt ist Heimat der Brennerei Zwack Palinka. Zwack gehört mit Unicum und Fütyülös zu den ganz großen Namen in Ungarn. Mit seinen Obstbränden verfolgt der Hersteller ein besonders anspruchsvolles Konzept. Sie werden aus handgepflückten Früchten hergestellt, die in den Gärten der Umgebung wachsen. Für die Destillation setzt Zwack auf hochmoderne Anlagen und die Kenntnisse der landesweit besten Brennmeister. Jede Flasche ist nummeriert sowie mit der Angabe des Jahrgangs versehen. Derzeit gibt es von Zwack die klassischen Sorten aus Sauerkirsche, Aprikose oder Pflaume sowie Palinkas aus Waldbrombeere, Walderdbeere, Schwarzer Johannisbeere, Himbeere und Birne.